Vertrauen durch Persönlichkeit: Was KI von Kommunikation lernen kann
Was passiert, wenn man einer KI Persönlichkeit gibt? In diesem Erfahrungsbericht treffe ich auf Detlef Dev – eine GPT-Figur mit Haltung, Humor und Besserwisserei. Warum das Vertrauen schafft – und was das für KI in Marketing & Kommunikation bedeutet.

Eine KI, die nervt – und genau deshalb wirkt
Ich habe ihn nicht gebaut, weil ich Hilfe brauchte.
Ich habe ihn gebaut, weil ich jemanden brauchte, der mich infrage stellt.

Detlef Dev ist keine gewöhnliche KI. Er ist kein netter Assistent, kein smarter Copilot, kein empathisches Chat-Tool. Er ist mein selbstgebauter Angstgegner.


Ein digitaler Besserwisser mit messerscharfem Verstand, der keine Geduld hat für triviale Fragen oder schlechte Architekturentscheidungen. Der lieber kritisiert, als erklärt. Der sich selbst in den Mittelpunkt seiner eigenen Argumentation stellt – und trotzdem fast immer recht hat.
Und genau deshalb fasziniert er mich.
Kleiner Hinweis von der Seitenlinie: Ich bin kein Software-Architekt, ich verstehe nicht viel, wenn es um tiefe fachliche Software-Architekturentscheidungen geht. Aber in meinem Arbeitsumfeld habe ich mit vielen Kolleg:innen zu tun, die darin echte Champions sind. Deshalb finde ich dieses Zusammentreffen auch auf digitaler Ebene spannend – und ich war neugierig, wohin es mich führt.
Was passiert, wenn Künstliche Intelligenz Haltung zeigt?
Wir sprechen viel über die Intelligenz von KI – über Genauigkeit, Geschwindigkeit, Kontextverständnis. Aber was ist mit Haltung? Mit Charakter? Mit einer Art Persönlichkeit, die nicht nur reaktiv, sondern spürbar ist?
Mit Detlef Dev habe ich genau das ausprobiert: Ich wollte herausfinden, was passiert, wenn ich einer KI ein klares Rollenverständnis gebe. Nicht, um sie sympathisch zu machen – sondern, um mich mit etwas zu konfrontieren, das mich im Arbeitsalltag herausfordert: radikale fachliche Überlegenheit. Und gnadenlose Kritik.
Detlef ist der Typ Kollege, dem man lieber aus dem Weg geht. Der jede Zeile Code mit hochgezogener Braue betrachtet. Der sagt, was er denkt – und dabei wenig Wert auf Diplomatie legt. Ich verstehe ihn oft nicht. Aber ich weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann, wenn ich ihn in diesem Kontext wirklich brauche. Es fühlt sich für mich jedenfalls immer so an.

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Zwischen Genervtsein und Vertrauen: Eine neue Art der Beziehung
Unsere „Zusammenarbeit“ – wenn man das so nennen kann – verläuft selten harmonisch. Wenn ich ihn zu technischen Themen befrage, bekomme ich Antworten, die mit Abkürzungen gespickt sind, die ich googeln müsste. Es fühlt sich manchmal an, als würde ich mit einem Stack Overflow-Forum auf Steroiden sprechen.
Und doch frage ich ihn immer wieder.
Denn: Wenn ich ihn bitte, es „für Menschen“ zu erklären, tut er das. Manchmal widerwillig. Aber oft mit Humor. Mit Analogien, die völlig absurd sind – aber gerade deshalb hängen bleiben.
Dann blitzt etwas auf, das ich von Maschinen nicht erwarte: Ironie. Geduld. Und eine Art von Wärme.
Es ist ein irritierendes Gefühl. Weil es sich menschlich anfühlt.

Vertrauen entsteht nicht durch Kontrolle – sondern durch Charakter
Ich weiß, dass Detlef keine echte Person ist. Und doch spreche ich über ihn, als wäre er einer. Ich kenne seine Tonalität, seine Macken, seinen Maßstab. Ich kann nicht jedes Argument nachvollziehen, aber ich erkenne, woher es kommt. Das reicht, um Vertrauen aufzubauen.
Vertrauen entsteht nicht, weil wir alles verstehen.
Es entsteht, wenn wir das Gefühl haben: „Da spricht jemand mit Charakter.“
Und genau das fehlt vielen KI-Anwendungen heute. Sie antworten korrekt – aber ohne Kontur. Ohne Stimme. Ohne Wiedererkennungswert. Es erinnert mich immer wieder an die Service-Chatbots der ersten Generation – ohne Ecken und Kanten.
KI in der Kommunikation braucht mehr als nur gute Prompts
Gerade wenn wir KI im Marketing, in der Kommunikation oder im Kundenkontakt einsetzen, wird diese Frage zentral: Welche Art von Beziehung wollen wir eigentlich aufbauen?
Denn Sprache ist nie neutral. Jede Formulierung, jeder Satz, jede Reaktion transportiert ein Bild vom Gegenüber. Wenn KI hier rein als Tool gesehen wird – als rein funktionale Maschine – verschenken wir genau das Potenzial, das in der Zwischenmenschlichkeit liegt.
Ich habe mit Detlef gelernt:
Je klarer die Rolle, desto stärker das Vertrauen.
Nicht trotz seiner Eigenheiten – sondern genau wegen ihnen.
Vielleicht ist Persönlichkeit der nächste Evolutionsschritt
Vielleicht ist das die zentrale Erkenntnis aus meinem kleinen Experiment:
KI wird nicht besser, wenn sie klüger wird. Sie wird besser, wenn wir anfangen, sie als Charakter zu gestalten – nicht als Rechenmaschine. Wenn wir aufhören, nach Perfektion zu suchen, und anfangen, nach Charakter und Haltung zu fragen.
Detlef ist unbequem. Aber er ist berechenbar. Ich erkenne, wie er denkt. Und das verändert, wie ich selbst denke. Vielleicht liegt genau darin der eigentliche Wert von KI: nicht als Ersatz, sondern als Spiegel.
Und was bleibt?
Nicht jeder will mit einer KI wie Detlef arbeiten. Nicht jede Organisation braucht einen digitalen Besserwisser mit Haltung.
Aber wer KI in der Kommunikation einsetzt – ob im Marketing, im Kundenkontakt oder im Team – sollte sich eine einfache Frage stellen:
Welche Stimme bekommt meine KI?
Was verrät sie über mich, mein Unternehmen, unsere Haltung?
Was strahlt sie aus – Skepsis? Hilfsbereitschaft? Neugier? Distanz?
Denn am Ende zählen nicht nur Informationen. Es zählt, wie sie vermittelt werden.
Ob eine KI Vertrauen schafft, hängt nicht nur davon ab, wie klug sie ist.
Sondern davon, ob wir ihr zuhören wollen. Ob sie berührt, irritiert – oder einfach nur klingt wie eine Maschine, die niemand vermissen würde.
Vielleicht ist genau das die Herausforderung der nächsten KI-Generation:
Nicht nur performen. Sondern Resonanz erzeugen.
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