Zwischen Hype und Realität: Was KI-Agenten in Unternehmen wirklich leisten
KI-Agenten sollen Arbeit effizienter machen – doch was leisten sie wirklich? Zwischen persönlicher Erfahrung, ambitionierten Zukunftsszenarien und ernüchternden Studien zeigt sich: Der produktive Einsatz ist möglich, aber keine Selbstverständlichkeit.

2025 könnte das Jahr sein, in dem digitale Kolleg:innen vom Versprechen zur Praxis werden – und Unternehmen sich fragen müssen, wie viele KI-Agenten ein Team braucht.
Ich nutze täglich KI-Anwendungen und auch KI-Agenten um meinen Arbeitsalltag besser zu organisieren. Ganz einfach um mehr Wirkung in weniger Zeit zu erzielen. Einer filtert zum Beispiel Informationen. Einer fasst längere Studien zusammen. Einer schlägt Formulierungen vor. Einer hilft mir beim Sortieren und Entwickeln von Ideen. Ich habe für viele meine Routineaufgaben und Arbeitsbereiche digitale Helferchen entwickelt, die meinen Arbeitsalltag verbessern.
Was sich zunächst wie ein cleveres Automatisierungstool anfühlte, hat sich zu etwas anderem entwickelt: Ich arbeite inzwischen in einem digitalen Team – mit Aufgaben, Rollen und Abstimmung, ganz ohne menschliche Kollegen.
Microsofts Work Trend Index 2025 zeigt, dass genau diese Art zu arbeiten bald in vielen Unternehmen zur Normalität wird. Mit dem Begriff „Frontier Firm“ beschreibt der Bericht Organisationen, die gezielt auf Mensch-KI-Teams setzen – nicht als Spielerei, sondern als neues Betriebssystem für Arbeit.
Wenn Software mitdenkt – und mitarbeitet
Viele Unternehmen stecken fest: Zu viele Anforderungen, zu wenig Zeit. 80 % der Beschäftigten weltweit geben an, nicht genug Energie für ihre Arbeit zu haben. Gleichzeitig erwarten 53 % der Führungskräfte steigende Produktivität.
Die Lücke dazwischen könnte durch KI-Agenten geschlossen werden – spezialisierte Systeme, die eigenständig recherchieren, ausführen und Entscheidungen vorbereiten. Laut Bericht sind 82 % der Führungskräfte bereit, diese Agenten in den nächsten 12–18 Monaten als feste Teammitglieder einzusetzen.
Drei Schritte zur KI-gestützten Organisation
Microsoft beschreibt drei Phasen, die viele Unternehmen jetzt gleichzeitig durchlaufen:
- Individuelle Unterstützung: KI-Tools helfen bei Fokus, Struktur und Geschwindigkeit.
- Agenten im Team: Digitale Systeme übernehmen eigenständige Aufgaben – unter menschlicher Aufsicht.
- Delegation auf Systemebene: Mitarbeitende steuern ganze Prozesse, anstatt sie manuell umzusetzen.
Ein Beispiel: Wer heute noch Lieferketten managt, könnte bald Ausnahmen klären, während ein Agentensystem Standardprozesse eigenständig steuert.
Nicht alle teilen diese Euphorie
Während der Work Trend Index ein beschleunigtes Zukunftsszenario entwirft, zeigt eine aktuelle Studie aus Dänemark ein deutlich ernüchternderes Bild.
Die Ökonom:innen Anders Humlum und Emilie Vestergaard haben in einer breit angelegten Untersuchung mehr als 7.000 Arbeitsplätze zwischen 2023 und 2024 analysiert – in Berufen, die besonders durch KI betroffen sein könnten: IT, Recht, Journalismus, Finanzen, Bildung.
Das Ergebnis: Kaum messbare Veränderungen.
- Löhne und Arbeitszeiten blieben stabil.
- Produktivitätsgewinne blieben gering.
- Die Zeitersparnis durch KI liegt bei nur etwa einer Stunde pro Woche.
Der Grund? KI erspart nicht nur Arbeit – sie schafft auch neue Aufgaben: Texte prüfen, Prompts schreiben, KI-Ausgaben kontrollieren. Lehrkräfte etwa müssen Hausarbeiten prüfen, die mit KI geschrieben wurden – egal, ob sie selbst solche Tools einsetzen oder nicht.
Humlum bringt es auf den Punkt:
„Jede Geschichte darüber, dass diese Tools für eine Transformation sorgen werden, muss mit dem Fakt wetteifern, dass sie auch nach zwei Jahren keinen Unterschied für ökonomische Ergebnisse machen.“
Zwei Wirklichkeiten – und eine offene Frage
Diese widersprüchlichen Bilder – euphorische KI-Zukunft und nüchterne Gegenwart – schließen sich nicht aus. Sie zeigen: Zwischen Möglichkeit und Wirkung klafft oft eine Lücke.
Frontier Firms mögen zeigen, was technisch und organisatorisch möglich ist. Aber für die Mehrheit der Unternehmen und Mitarbeitenden bleibt KI oft noch ein Zusatz, kein Durchbruch.
Die zentrale Frage lautet daher nicht: Wie leistungsfähig sind KI-Agenten?
Sondern: Wie konsequent, systematisch und menschenzentriert setzen wir sie ein?
Was jetzt zählt
Wer den Einstieg nicht verpassen will, sollte:
- Rollen für digitale Mitarbeitende definieren – klar, messbar, sinnvoll
- Agenten nicht nur testen, sondern ernst nehmen – wie neue Kolleg:innen
- Kompetenzen aufbauen – in Datenkompetenz, Prozessdesign und Zusammenarbeit mit Systemen
Denn was KI leistet, hängt nicht nur von Algorithmen ab – sondern von uns selbst.
Und wir?
Ich glaube, der spannendste Teil beginnt nicht mit der Frage, was KI alles kann. Sondern: Was wir mit ihr besser machen – und was wir selbst beitragen, wenn Systeme schneller sind als wir.
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